Gerhard Höberth

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Evolutionärer Idealismus
und
Bernardo Kastrups kosmischer Idealismus

 



Bernardo Kastrup ist ein in den Niederlanden lebender Informatiker und Philosoph, der eine beeindruckende Reihe von Büchern über Metaphysik geschrieben hat. Er ist bekannt als Vertreter einer Variante des philosophischen Idealismus, die als „kosmischer Idealismus“ bezeichnet wird. Eines seiner früheren Bücher mit dem Titel „Why Materialism is Baloney“ (Warum Materialismus Blödsinn ist) ist in der antimaterialistischen und spirituell-philosophischen Szene sehr beliebt.
Ich werde nun von verschiedenen Seiten gedrängt, zu seiner Theorie Stellung zu nehmen. Offensichtlich ist es ihm gelungen, viel Aufmerksamkeit für seine Weltsicht zu erregen. Klar, er ist Quantenphysiker, Philosoph, er hat am CERN gearbeitet, er weiß, wie man akademische Bücher schreibt und wie man sie publiziert, so dass sie gelesen werden, er hat auch eine Kolumne im Scientific American, und er hat auch das Talent, sich auf YouTube gut zu verkaufen und sich mindestens einmal pro Woche von irgendeinem Vlogger interviewen zu lassen. Das schafft Reichweite. Außerdem ist sein Ansatz wirklich nicht schlecht. Er kontert den Mainstream-Materialismus mit einer aufsehenerregenden Theorie, die endlich wieder das Subjekt des Beobachters in die Welt einbezieht. Deepak Chopra lobte sein Buch folgendermaßen: „Bernardo Kastrups Buch ist ein weiterer Nagel im Sarg des materialistischen Aberglaubens. Mit eleganter Klarheit erklärt er, dass Geist, Gehirn und Kosmos das sind, was das Bewusstsein tut“.
Mit sehr vielen seiner Aussagen bin ich absolut einverstanden. Aber nicht mit allen. Und hier beginnt die Schwierigkeit. Soll man 10% einer Theorie kritisieren, wenn man mit 90% der Theorie einverstanden ist? Ich wollte meine Energie mehr darauf verwenden zu erklären, warum mein „Evolutionärer Idealismus“ eine in sich schlüssige Theorie ist, mich also auf eine konstruktive Auseinandersetzung mit dem Wesen dieser Welt konzentrieren und nicht darauf, nachzuforschen, wo andere falsch liegen.

Außerdem habe ich durch die intensive und differenzierte Kritik an Amit Goswamis „Das bewusste Universum“ gelernt, dass man sich keine Freunde macht, wenn man andere Theorien analysiert und ihre Fehler aufzeigt. Das wollte ich in Zukunft vermeiden. Auch weil es vielleicht von Vorteil wäre, mit Kastrup direkt zu sprechen, um sich nicht in Spekulationen darüber zu verlieren, was er wohl gemeint haben könnte, ich aber von anderen wichtigen Denkern der Szene gehört habe, dass solche Kontaktversuche von Kastrup selbst mit Worten wie: „Du verstehst nicht das Geringste von diesen Dingen“ abgewehrt wurden. Kritik ist also von seiner Seite nicht erwünscht.

Aber dann las ich eine Überschrift von Kastrup, die mich dazu veranlasste, seine Theorie im Lichte des „evolutionären Idealismus“ zu analysieren. Die Überschrift lautete: „Es gibt keinen plausiblen Mittelweg zwischen Materialismus und Idealismus“. Nun, ein wichtiger Teil meines EvId besteht gerade darin, sowohl Materialismus als auch Idealismus als halbe Dualismen darzustellen. Beide Seiten gründen sich auf den Descartschen Dualismus und verneinen dann jeweils eine der beiden Seiten. Meine Theorie des EvId ist eine Metatheorie, die Materialismus, Idealismus, Panpsychismus und Dualismus als perspektivische Teiltheorien einschließt. Insofern ist meine Position durchaus als „auf halbem Weg zwischen Materialismus und Idealismus“ anzusiedeln. Wenn auch meine Theorie eine zusätzliche Dimension hat.
Grund genug, mich damit zu befassen.

Das Kapitel, um das es hier geht (es ist ein Auszug aus einem Buch mit dem selbstbewussten Titel „Science Ideated: The Fall of Matter and the Contours of the Next Mainstream Scientific Worldview“), diskutiert die Theorie des Panpsychismus. Dessen bekannteste Variante besagt, dass die elementaren subatomaren Teilchen - Quarks, Leptonen, Bosonen - eigenständige bewusste Subjekte sind. Mit anderen Worten: Es gibt ein Gefühl, ein Elektron, ein Quark oder ein Higgs-Boson zu sein; ihre Erlebniszustände sind angeblich eine irreduzible Eigenschaft der Teilchen selbst, so wie Masse, Ladung oder Spin. Diese Theorie wird - so Kastrup - als eine Möglichkeit gesehen, die Schwächen des Materialismus zu umgehen, der Bewusstsein als Nebenprodukt der Materie betrachtet. Bernardo Kastrup argumentiert jedoch, dass der Panpsychismus nicht kohärent ist, insbesondere im Licht der Quantenfeldtheorie, die zeigt, dass Teilchen nicht als diskrete Einheiten mit festen räumlichen Grenzen existieren, sondern als Anregungen eines zugrundeliegenden Feldes.

Dagegen ist nichts einzuwenden, das könnte auch von mir stammen. Aber warum ist das ein Einwand gegen den Panpsychismus?

Kastrup schlägt dann vor, dass anstelle des Panpsychismus der Idealismus eine bessere Alternative bietet. Im Idealismus wird das gesamte Universum als Ausdruck eines universellen Bewusstseins betrachtet, was eine kohärentere und einfachere Erklärung für die Existenz individueller Bewusstseinszustände liefert.

Mein Ziel ist es nicht, den Panpsychismus zu verteidigen, sondern herauszufinden, ob und inwieweit Kastrups „kosmischer Idealismus“ mit dem „evolutionären Idealismus“ vereinbar ist. Zu diesem Zweck werde ich zunächst dieses Kapitel Schritt für Schritt durchgehen und mich dann allgemein zu seiner Theorie äußern. Ich werde also die Vorwürfe, die Kastrup gegen den Panpsychismus erhebt, aufgreifen und so behandeln, als ob er den EvId gemeint hätte. Das ist nicht unbedingt fair, aber erhellend, weil es mir die Möglichkeit gibt, die Grundontologien seiner und meiner Theorie zu vergleichen.

1. Gibt es keinen plausiblen Kompromiss auf halbem Weg zwischen Materialismus und Idealismus?

Kastrup schreibt:

Sehen Sie, ich kann problemlos akzeptieren, dass meine Katzen ein Bewusstsein haben, vielleicht sogar die Bakterien in meiner Toilette. Aber es fällt mir schwer, mir vorzustellen - vor allem, wenn ich esse -, dass ein Salzkorn eine ganze Gemeinschaft von kleinen bewussten Subjekten enthält. Die Motivation des Panpsychisten, selbst dem bescheidenen Elektron ein Bewusstsein zuzugestehen, besteht darin, Erfahrungszustände auf eine Weise zu behandeln, die der Behandlung physikalischer Eigenschaften in der Chemie entspricht: So wie sich die physikalischen Eigenschaften von Teilchen in Atomen, Molekülen und Aggregaten verbinden, um emergente makroskopische Eigenschaften - wie die Nässe von Wasser - hervorzubringen, möchte der Panpsychist, dass sich die Erfahrungszustände der Teilchen in unserem Gehirn verbinden und unser integriertes bewusstes Innenleben hervorbringen. Die Idee ist, die Erfahrung in den bestehenden Rahmen der wissenschaftlichen Reduktion und Emergenz einzubinden, worin der größte Teil des Reizes und der Kraft des Panpsychismus liegt.

Ich weiß nicht, was ein Panpsychist dazu sagen würde, aber es zeigt, wie Bernardo Kastrup sich die Ontologie des Panpsychismus vorstellt: Wie die des Materialismus, nur mit Geist- statt Materieteilchen, die sich wie die Materie von unten nach oben zu immer größeren Ganzheiten verbinden und so in komplexen Gehirnen zu einem komplexen Geist führen. Zumindest unterstellt er den Panpsychisten kein animistisches Weltbild, in dem jeder „Haufen“ und jedes „Artefakt“ Bewusstsein hätte. Es bedarf auch hier ein komplex organisiertes System mit vernetzter Informationsverarbeitung, um aus der rudimentären Eigenschaft eines primitiven „Awareness“ ein selbstreflexives Bewusstsein zu machen.


Wie sieht diese Komponente im EvId aus?

•    Der „Evolutionäre Idealismus“ ist eine monistische Philosophie, d.h. es gibt nur eine Grundsubstanz, wie im Materialismus (Materie), im Idealismus (Geist) und auch im Panpsychismus (geistbegabte Materie).

•    Aber im Gegensatz zu diesen gängigen Philosophien ist die Grundsubstanz im EvId etwas, das hinter Geist und Materie liegt und beides erst sekundär hervorbringt.

•    Es gibt eine innere Grundstruktur der primären Substanz, die durch eine Art mathematischer Eigenschaft (iterative Selbstreflexion = Bewusstsein / platonischer höchster Archetyp: „Einheit vs unbestimmte Zweiheit“) hervorgerufen wird. Sie bewahrt das Ganze davor, ein homogener Monoblock zu sein, und diese Eigenschaft (die sich in der Quantenphysik auch als Unschärfe manifestiert) bewirkt die Innerlichkeit dieses Ganzen, und diese Innerlichkeit ist der Kosmos selbst.

•    Materie und Geist sind in dieser Erscheinung jedoch keine getrennten Substanzen, sondern nur temporäre Perspektiven der Ganzheit auf sich selbst.
•    Materie ist die Erscheinung, wenn Geist von außen betrachtet wird.
•    Geist ist die Erscheinung, wenn Materie von innen betrachtet wird.

•    Daraus ergibt sich auch eine duale Prozesskraft, die sich als Kausalität (Materie = bottom-up) und Teleologie (Geist = top-down) gegenüberstehen. Jede Ganzheit, jedes Holon, erhält seine materielle Erscheinung durch den Druck der Kausalität (Physik) kleinster Materieteilchen (Subholons), die durch den teleologischen Sog (Archetypen) geistiger Ganzheit in ein holonisches/systemisches Muster gezogen werden.

•    Der subjektive Geist einzelner Holons entsteht also nicht - wie Kastrup es für den Panpsychismus beschreibt - wie materielle Systeme, indem sich Teilchen und ihre Eigenschaften zu Ganzheiten verbinden. Dies ist lediglich der Prozess, in dem sich ihre äußere Erscheinung manifestiert. Die Ursache geistiger Ganzheiten liegt in der Teilung/Dissoziation höherer Ganzheiten, so wie die Ursache materieller Systeme in der Entstehung der Verbindung niedrigerer Systeme liegt. Erst in der Wirklichkeit unserer Realität verbinden sich diese beiden Komponenten zu einem konkreten Subjekt.
(Die Eigenschaften dieser beiden Komponenten können auch im Lambdoma als Dur- und Molltonlinien nachvollzogen werden.)

Kastrup schreibt weiter:

Das Problem ist, dass subatomare Teilchen keine diskreten kleinen Körper mit definierten räumlichen Grenzen sind; ... Nach der Quantenfeldtheorie (QFT) - ... - sind Elementarteilchen lediglich lokale Erregungsmuster oder „Schwingungen“ eines räumlich ungebundenen Quantenfeldes. Jedes Teilchen ist vergleichbar mit einer Welle auf der Oberfläche eines Sees: Wir können den Ort der Welle bestimmen und sie durch physikalische Größen wie ihre Höhe, Länge, Breite, Geschwindigkeit und Bewegungsrichtung charakterisieren. Doch die Welle ist nichts anderes als der See: Wir können sie nicht aus dem See herausheben, denn die Welle ist lediglich ein Bewegungsmuster des Wassers selbst. ... Wie bei der Kräuselung [des Wassers] können wir den Ort des Teilchens bestimmen und es durch physikalische Größen wie Masse, Ladung, Impuls und Spin charakterisieren. Doch das Teilchen ist nichts anderes als das zugrunde liegende Quantenfeld. Das Teilchen ist das Feld, das sich auf eine bestimmte Weise „bewegt“.
Das Grundlegende in der Natur ist das Quantenfeld, nicht das elementare subatomare Teilchen, das es zufällig durch Erregung oder „Vibration“ bildet; ... Der Panpsychist ist also gezwungen, das Bewusstsein nicht dem Teilchen, sondern dem zugrundeliegenden Feld zuzuschreiben. Das Teilchen stellt nur eine besondere Modulation oder Konfiguration der Erfahrung dar, nicht die Erschaffung des Bewusstseins aus der Unbewusstheit. Panpsychismus ist nur dann physikalisch kohärent, wenn das Quantenfeld als einheitliches Subjekt bewusst ist. Und da das Feld keine räumlichen Grenzen hat, impliziert der Panpsychismus ein universelles Bewusstsein und kann unsere eigenen persönlichen Subjektivitäten nicht erklären.

Sein Grundtenor in diesem Abschnitt ist der Hinweis darauf, dass Panpsychismus konsequent zu Ende gedacht zwar dem Kosmos als Ganzes ein Bewusstsein zubilligen müsste, danach aber nicht erklären kann, wie es zum subjektiven Erleben einzelner Wesen kommen kann. Das individuelle Bewusstsein bleibt nach Kastrops Interpretation für den Panpsychismus ein Rätsel.
Gleich darauf bringt er selbst einen möglichen Einwand der Panpsychisten zur Sprache um ihn im Anschluss entkräften zu können:

Dazu schreibt Kastrup:

Hier könnte der Panpsychist entgegnen, dass die physikalischen Eigenschaften eines elementaren subatomaren Teilchens - wie Masse, Ladung und Spin - lokalisiert sind und zum Teilchen gehören, nicht zum gesamten Quantenfeld. Schließlich sind Masse, Ladung und Spin des Teilchens in der obigen Analogie mit der Höhe, Länge und Breite der Welle vergleichbar, die in der Tat lokale Eigenschaften der Welle und nicht des gesamten Sees sind. Warum also - so das Argument - können wir nicht sagen, dass auch die Erfahrungszustände allein dem Teilchen gehören und nicht dem Quantenfeld als Ganzem?

Um zu sehen, warum das nicht funktioniert, sollte man zunächst beachten, dass man die quantitativen Parameter, die eine Welle definieren - z. B. Höhe, Länge, Breite - leicht aus den ebenso quantitativen Parametern ableiten oder vorhersagen kann, die das Verhalten des Sees beschreiben. ... Es ist also kein grundsätzliches Problem, von der Quantität auf die Quantität zu schließen.
Die Ableitung von Qualität aus Quantität ist jedoch etwas völlig anderes. Erfahrungszustände sind Qualitäten; sie lassen sich nicht erschöpfend quantitativ beschreiben. Kein numerischer Parameter kann jemandem mit angeborener Blindheit sagen, wie es sich anfühlt, rot zu sehen; oder jemandem, der noch nie verliebt war, wie es sich anfühlt, sich zu verlieben. ... Man kann ein unbewusstes Quantenfeld nicht dazu bringen, ein bewusstes Teilchen hervorzubringen, und zwar aus genau denselben Gründen, aus denen man eine Anordnung von Materie nicht dazu bringen kann, Erfahrung hervorzubringen. Daher verfehlt der Panpsychist entweder seinen eigenen Zweck oder er muss dem Quantenfeld Bewusstsein als eine grundlegende Eigenschaft des Quantenfeldes zuschreiben, was ein universelles Bewusstsein impliziert und unser privates Innenleben nicht erklären kann.

Natürlich hat Kastrup recht in der Erklärung, dass objektive Messungen einer völlig anderen Kategorie angehören als subjektive Erlebnisse. Man kann nicht versuchen, Daus dem einen auf das andere zu schließen, oder das eine vom anderen ableiten zu wollen. Wer sich mit Physik, Chemie, Biologie, Neurologie und Neuroinformatik des Gehirns beschäftigt, darf nicht erwarten, dass am Ende seiner Überlegungen eine Erklärung von Erfahrungen und Empfindungen stehen könnten. Aber er entkräftet damit nichts. Er wiederholt nur eine Behauptung. Nämlich die Behauptung, dass man mit einem universellen Bewusstsein kein lokales Bewusstsein erklären kann. Warum das unmöglich ist, erklärt er nicht. Diese Behauptung wiederholt er zur Bekräftigung danach nochmals. Ebenso ohne nähere Erklärung.

Er schreibt weiter:

Zugegeben, das ist nicht das, worum der Panpsychist verhandelt hat. Denn im Lichte dieser Einsicht können Erfahrungszustände nicht mehr analog zu physikalischen Eigenschaften in der Chemie behandelt werden. Erfahrung ist nicht mehr lokal, in kleinen Materiekörpern eingekapselt - wie man sich physikalische Eigenschaften immer noch vorstellen kann -, sondern stattdessen über die Raumzeit „verteilt“. Die gesamte Begründung für die Erklärung unseres bewussten Innenlebens durch die Kombination diskreter Erfahrungszustände auf mikroskopischer Ebene ist hinfällig:
Es gibt nichts mehr, was innerhalb der Grenzen unseres Schädels kombiniert werden kann, sondern nur noch räumlich ungebundene, universelle Felder und ihre Erregungsmuster. Der Panpsychismus kann die private, individuelle Erfahrung nicht erklären.

Mit gleichem Recht könnte man aber behaupten, dass der Physiker nichts mehr über physikalische Systeme aussagen kann, weil jedes Materieteilchen nur die Erscheinung eines Erregungsmusters ist, das über die Raumzeit verteilt ist. Das System des Gehirns dürfte nicht mehr erklärbar sein, oder gar nicht mehr funktionieren, weil sich die Quantenwahrscheinlichkeiten seiner Bestandteile nicht auf den Raum im Schädel reduzieren lassen. Die Physik dürfte dann auch private, individuelle physikalische Erscheinungen nicht mehr erklären können.

Kastrup:

Das ist der Gnadenstoß für den Panpsychismus, ...
Welche Art von magischer Interaktion zwischen zwei Teilchen könnte möglicherweise den außergewöhnlichen Effekt haben, zwei grundlegend unterschiedliche Erfahrungsbereiche zu kombinieren?

Daraus ergeben sich für mich zwei Fragen:
Ist Panpsychismus wirklich diese Bottom-Up-Ontologie, als die sie hier präsentiert wird?
Und wenn ja, gibt es eine magische Interaktion zwischen zwei Teilchen, das zwei Atome zu einem Molekül macht?
Ich habe den Eindruck, Kastrop erklärt hier an der eigentlichen Fragestellung vorbei.


Wie sieht das Verhältnis kosmisches Bewusstsein und individuelles Bewusstsein im EvId aus?

•    Im „Evolutionären Idealismus“ bilden Materie und Geist zwei Komponenten, die ihren Ursprung in einer monistischen Substanz im Hintergrund haben. Beides sind Sekundärerscheinungen.

•    Das kosmische Bewusstsein ist daher nicht mit dem Geist identisch, der sich im Individuum zeigt. Genauso wenig wie die Ganzheit mit der Materie des Kosmos identisch ist. Sowohl die Materie eines individuellen Körpers eines Subjekts ist eine Sekundärerscheinung, wie auch der individuelle Geist dieses Subjekts.

•    Es gibt daher keinen Grund, anzunehmen, dass die Materie eine lokale Erscheinung ist, der Geist aber nicht. Beides sind lokale Erscheinungen eines dahinterliegenden ganzheitlichen Feldes. Lediglich ihre Perspektive (Geist ist Materie von innen / Materie ist Geist von außen) und ihr Ursprung (Top-Down-Teleologie des Geistes / Bottom-up-Kausalität der Materie) unterscheiden sich.

•    Die eigentliche Bühne des Geschehens ist aus diesem Grund weder die Raumzeit (Materialismus) noch das Bewusstsein (Idealismus) – beides sind Sekundärerscheinungen der inneren Gesetzmäßigkeiten –, sondern ein hinter diesen Komponenten liegender „Informationsraum“, der sich aus der inneren Struktur der primären Grundsubstanz ergibt.

•    Dieser „Informationsraum“ ist aus raumzeitlicher und subjektiv bewusster Sicht so weit entfernt, dass es keine Begriffe aus dieser Welt geben kann, die als Vergleich dienlich sind. „Informationsraum“ ist daher ein Hilfsbegriff, der seine Funktion aus der Sicht dieser Welt beschreibt, aber nicht sein lebendiges Wesen wiedergibt.

•    Die Innenansicht einer Ganzheit, die auf objektiver Ebene als subatomares Teilchen in Erscheinung tritt, ist mit den physikalischen Eigenschaften dieses Teilchens identisch. Das, was objektiv als Masse, Ladung, Spin, Impuls oder Aufenthaltsort messbar ist, wäre aus der Innenperspektive die Erfahrung einer subjektiven Gestimmtheit. Das, was objektiv als Quantität erscheint, erscheint gleichzeitig aus der anderen Perspektive als Qualität.

•    Allerdings gibt es keine Einzelobjekte und keine Einzelsubjekte. Jedes Holon existiert nur im Kontext der Ganzheit, wenn es von anderen Teilen der Ganzheit wahrgenommen werden kann. Dies ist das Äquivalent der Quantenunschärfe vor dem Kollaps, der selbst auch wieder nur durch eine Interaktion mit einem anderen Teilchen ausgelöst werden kann. Jedes subjektive Empfinden wie jedes objektive Faktum ist relational zum Kontext. Dadurch ergibt sich eine selbstreferente Realität, die wie ein Hologramm aufgebaut ist und ihre innere Stabilität autopoietisch aus Wahrscheinlichkeitsentscheidungen aufgebaut ist. Die Realität existiert nur für sich, wobei sich individuelle Perspektiven innerhalb der Realität gegenseitig bestätigen.

•    Somit ergibt sich im Bezug zu Kastrups Vorwurf gegenüber dem Panpsychismus folgendes Bild: Der „Evolitionäre Idealismus“ bestätigt eine Form des Idealismus durch lebendige Awareness als Grundlage des Kosmos (primäre Metaebene hinter den sekudären Erscheinungen der materiellen Raumzeit und der qualitativen Erfahrung). Folgt aber dem Materialismus ein seiner kausalen Konsequenz und der zeitlichen Evolution des Lebens. Gleichzeitig gibt er dem Panpsychismus recht in der Idee der Innenperspektive aller Holons, bis hinunter zu subatomaren Teilchen. Der EvId hat auch keinerlei Schwierigkeiten, aus der Awareness der Ganzheit individuelles Bewusstsein abzuleiten, und ist in seiner praktischen Anwendung ein „Perspektiven Dualismus“ von Materie und Geist.

 Fortsetung folgt